Ausgabe 02 / 2024

Flexibel Wasserstoff tanken

Willi Meissner

Verkehr ist ein dynamisches Geschäft, in dem viele Anspruchsgruppen und Fahrzeugtypen unterschiedliche Bedürfnisse haben. Gleichzeitig gewinnt Wasserstoff als künftiger Treibstoff in Europa zunehmende Bedeutung. Für einen erfolgreichen Wechsel auf alternative Treibstoffe braucht es deshalb flexible Betankungslösungen. An der OST – Ostschweizer Fachhochschule wurde eine mobile und modulare Wasserstoff-Tankstelle entwickelt, die je nach Be­darf Pkws, Busse oder Lkws betanken kann.

Die Tankstelle ist so konzipiert, dass sie in einem standardisierten Container Platz findet, der vergleichsweise leicht transportiert und an verschiedenen Standorten eingesetzt werden kann. Im Herzen des Containers arbeiten in der voll ausgebauten Variante zwei leistungsstarke Kompressoren, die den Wasserstoff auf unterschiedliche Druckstufen komprimieren. Diese Druckstufen ermöglichen die Betankung sowohl von Lkws und Bussen (350 bar) wie auch von Pkws (700 bar). Als Wasserstoffquelle dienen handelsübliche Trailersysteme.

Mobil und kosteneffizient

Durch den modularen Aufbau soll die Wasserstofftankstelle, sobald sie serienreif ist, leicht für die Bedürfnisse verschiedener Betreiberorganisationen ausgerüstet werden. «Der Vollausbau für alle Anwendungen ist eine Option, aber ein Logistikunternehmen kann beispielsweise eine rein für Lkw-Betankungen ausgestattete und damit günstigere Variante betreiben», sagt Projektleiter Silvan Schmid vom IET Institut für Energietechnik an der OST. Die Entwicklungsbasis für diese kostengünstige und modulare Lösung wurde im Rahmen eines Innosuisse-Projekts geschaffen, das seit Sommer 2020 läuft und voraussichtlich im Herbst 2024 mit der Inbetriebnahme des Prototyps abgeschlossen wird. Anschliessend werden am IET sowie an externen Feldtest-Standorten weitere Betriebserfahrungen gesammelt und die Tankstelle im Idealfall als Serienprodukt weiterentwickelt.

«Mit dem Projekt werden zwei Ziele verfolgt. Einerseits soll eine in der Schweiz entwickelte Tankstelle mit Komponenten von Schweizer Firmen die Inlandwertschöpfung in der Wasserstoff-Brache verbessern und andererseits soll das modulare, mobile System die nötige Flexibilität bieten, die für viele potenzielle Kunden eine Voraussetzung für eine Investition ist», so Schmid.

Silvan Schmid in der mobile und modulare Wasserstoff-Tankstelle
Silvan Schmid in der mobilen Wasserstoff-Tankstelle an der OST
Sicher und solide

Die Anlage ist mit umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen ausgestattet. Rückschlagventile und Überdruck-Sicherheitsventile sorgen dafür, dass der Wasserstoff sicher nur dorthin gelangt, wo er benötigt wird, und dass überschüssiger Druck gefahrlos abgeleitet wird. Zudem ist die Tankstelle mit thermisch auslösenden Sicherheitsventilen ausgestattet, die den Wasserstoff bei kritischen Temperaturen im Brandfall sicher entweichen lassen, bevor es gefährlich werden kann. Der Tankstellen-Prototyp verfügt anlagenintern über zwei Hauptdruckniveaus: H35 für LKWs und Busse mit einem Nenndruck von bis zu 450 bar und H70 für PKWs mit einem Nenndruck von bis zu 900 bar. Die neuartigen Membran-Kompressoren, die vom Industriepartner Burckhardt Compression geliefert werden, sind das Herzstück der Anlage. Zudem ist die Tankstelle mit Speichern auf beiden Druckniveaus und einem Vorkühlungssystem ausgestattet, das den Wasserstoff vor der Betankung auf bis zu minus 30 Grad Celsius abkühlt.

Die Anlage soll den erwarteten Bedarf für eine nachhaltige und flexible Betankung von Wasserstofffahrzeugen decken und somit helfen, die Energiewende voranzutreiben.

Silvan Schmid, IET Institut für Energietechnik

Zukunftsperspektiven und Swissness-Faktor

Die Entwicklung des neuen Tanksystems ist ein wichtiger Schritt für die Schweiz, um im Wasserstoffmarkt Fuss zu fassen und neue Exportmöglichkeiten zu erschliessen. In der ersten Jahreshälfte 2025 könnte die Tankstelle laut Schmid im Rahmen eines Pilot- und Demonstrationsprojekts der OST an Servicestandorten für Hyundai-Lkws, die mit Wasserstoff betrieben werden, eingesetzt. «So können wir Betriebserfahrungen in einer realen Umgebung sammeln und die Grundlage für die Serienproduktion schaffen», erklärt Schmid.

Nachhaltige Energieversorgung

Nicht zuletzt will die OST mit dem Projekt einen Beitrag zur Reduzierung von CO2-Emissionen und zur Förderung erneuerbarer Energien leisten. Die Anlage soll den erwarteten Bedarf für nachhaltige und flexible Betankung von Wasserstofffahrzeugen decken und somit helfen, die Energiewende voranzutreiben.

Kontakt

Silvan Schmid
IET Institut für Energietechnik
+41 58 257 43 36
silvan.schmid@ost.ch 

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