Archiv 01 / 2024

Mit Schwammstädten Menschen vor dem Klimawandel schützen

Willi Meissner

Die Schweiz ist überdurchschnittlich vom Klimawandel betroffen. Das hat bereits heute einen Einfluss auf die Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen – insbesondere in Städten. Forschende der OST arbeiten daran, die negativen Folgen des Klimawandels mithilfe von Schwammstadt-Massnahmen zu mildern.

Während die Welt noch daran arbeitet, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, ist die Durchschnittstemperatur in der Schweiz in den letzten 150 Jahren bereits um 2 Grad gestiegen. Die Folgen sind häufigere, extreme Wetterereignisse wie Hitzewellen und Trockenphasen oder Starkregenereignisse und Murgänge. Während sich die Schweiz dem Klimawandel nicht entziehen kann, kann sie zumindest seine Folgen abmildern. Weil Städte und die darin lebenden Menschen, Tiere und Pflanzen überdurchschnittlich stark davon betroffen sind, hat das Schwammstadt-Konzept in den letzten Jahren eine wachsende Fangemeinde in der Planung. Mit dem Konzept der Schwammstädte wir der urbane Wasserhaushalt neu gedacht die urbane Infrastruktur soll sich näher an dem natürlichen Wasserkreislauf der Natur orientieren. Statt Regenwasser beispielsweise so schnell wie möglich in die Kanalisation zu leiten, wird darauf geachtet das das Oberflächenwasser Verdunstet, versickert oder gespeichert für die Bewässerung von Pflanzen genutzt wird. Zusätzlich entsteht durch die Verdunstung eine kühlende Wirkung. Mehr und grössere Grünflächen helfen mit Schatten und Verdunstung zusätzlich, das urbane Klima zu verbessern und gleichzeitig bei Starkregen mehr Wasser aufzunehmen und so Überschwemmungen vorzubeugen.

Jedes Bauprojekt, jede Sanierung bietet die Möglichkeit, unsere Städte besser gegen den Klimawandel und seine Folgen zu wappnen.»

Schwammstädte schaffen ökologisch wertvolle Freiräume, die die Lebensqualität von Menschen und Tieren verbessern und die Überlebensfähigkeit von Pflanzen in der Stadt erhöhen

Städte Schritt für Schritt verbessern

An der OST arbeiten die beiden Forscher Tobias Baur und Peter Bach mit ihren Teams daran, die Schwammstadt wieder verstärkt in den Fokus moderner Städteplanung zu rücken. «Jedes Bauprojekt, jede Sanierung bietet die Möglichkeit, unsere Städte besser gegen den Klimawandel und seine Folgen zu wappnen», ist Baur überzeugt. Instrumente gebe es genügend, um die Städte in der Schweiz in den kommenden Jahrzehnten zu Schwammstädten werden zu lassen: Dach- und Fassadenbegrünung, grosszügig begrünte Wasserrückhalteflächen und versickerungsfähige Beläge in Plätzen, Strassen und Wegen. «Schwammstädte schaffen ökologisch wertvolle Freiräume, die die Lebensqualität von Menschen und Tieren verbessern und die Überlebensfähigkeit von Pflanzen in der Stadt erhöhen», sagt Baur. In Luzern konnten sie 2023 mit diesem Ansatz eine Strassensanierung begleiten, um aus der vormals betonierten Gerade einen Raum zu schaffen, der besser mit grossen Wassermengen umgehen kann und an heissen Tagen besser kühlt als die vormalige Asphaltwüste. Klimaschutz ist Gesundheitsschutz.

Klimaanpassung aus Eigeninteresse

Das Engagement für Schwammstädte ist laut Baur auch im Eigeninteresse aller in Städten lebenden Menschen. Vor allem in fünf Bereichen, die den Komfort und die Gesundheit für ihre Bewohnerinnen und Bewohner beeinflussen, sind Schwammstädte unserer heutigen Bauweise deutlich überlegen.

Hitzeminderung:
Blau- grüne Infrastruktur wie Dach- und Fassadenbegrünung sowie grüne Retentionsräume für Wasser reduzieren die Oberflächentemperatur. Das wirkt urbanen Hitzeinseln entgegen und verringert die Auswirkungen von Hitzewellen auf die Gesundheit der Bevölkerung.

Luftqualität:
Pflanzen, vor allem Bäume, verbessern die Luftqualität, indem sie Schadstoffe absorbieren und Sauerstoff produzieren. Das beugt gesundheitlichen Problemen vor, die durch verschmutzte Luft verursacht werden.

Überschwemmungsprävention:
Die Blau-grüne Infrastruktur in Schwammstädten kann besser mit starken Niederschlägen umgehen. Das Risiko von Überschwemmungen in städtischen Gebieten wird reduziert. Dadurch werden Sachschäden minimiert und Blaulichtorganisationen entlastet.

Bessere Lebensqualität:
Die Integration von grünen Freiräumen und natürlichen Elementen in Schwammstädten fördert die körperliche und psychische Gesundheit der Bevölkerung. Der Zugang zu Natur in städtischen Umgebungen trägt dazu bei, Stress zu reduzieren und das Wohlbefinden zu steigern.

Wasserversorgung:
Durch die gezielte Regenwassernutzung in Schwammstädten kann eine nachhaltige Wasserversorgung sichergestellt werden. Dies ist besonders wichtig, weil schmelzende Gletscher und lange Trockenperioden Wasserknappheit wahrscheinlicher werden lassen – eine zuverlässige Wasserversorgung ist entscheidend für die Gesundheit der Bevölkerung.

«Insgesamt tragen Schwammstädte dazu bei, unsere städtische Umwelt so zu entwickeln, dass wir auch in den nächsten Jahrzehnten noch in Städten leben können und wollen», so Baur. Durch die Integration natürlicher, grüner Elemente und nachhaltiger Wasserbewirtschaftung könnten die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit der Bevölkerung minimiert werden.

OST-Schwammstadt-Experten:

Prof. Tobias Bau
ILF Institut für Landschaft und Freiraum
+41 58 257 45 20
tobias.baur@ost.ch

Dr. Peter Marcus Bach
UMTEC Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik
+41 58 257 13 61
peter.bach@ost.ch

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