Ein Stück Mars in Windisch – wo Forschung Wurzeln schlägt
Ein Gedanke wird Gelände
Im Juni 2025 wurde Marscape feierlich eröffnet, auf rund 1780 Quadratmetern, mitten auf dem FHNW-Campus. Was heute als fertige Landschaft bestaunt wird, begann ein Jahr zuvor mit einer Aufgabenstellung im zweiten Semester des Studiengangs Landschaftsarchitektur an der OST – Ostschweizer Fachhochschule: «Gestaltet eine Marslandschaft.» Kein Park, kein Spielplatz – sondern ein Ort, an dem Rover trainieren und Menschen verweilen können. Insgesamt 23 Teams präsentierten ihre Ideen. Die Jury entschied sich für den Entwurf «Valles Marineris» von Marek Ciesielski und Felix Freitag, benannt nach dem grössten Canyonsystem des Mars. Der Entwurf überzeugte mit seiner klaren Sprache und seiner intelligenten Platzierung: Die Marsfläche liegt so nahe an der spiegelnden Glasfassade des Hallergebäudes, dass sie sich optisch verdoppelt, eine Landschaft, die sich selbst erweitert.
Eine Landschaft mit Tiefe
Im Januar 2025 begann die Umsetzung mit Unterstützung von Gartenbau-Lernenden. Entstanden ist eine abstrahierte Marsfläche von 424 Quadratmetern, mit bis zu 50 Grad steilen Hängen, einem verschliessbaren Tunnelsystem, Kratern, Gräben, Sand- und Kiesflächen. Verwendet wurde regionaler Schilfsandstein aus Oberhofen – tiefrot, von fossilen Farnen und Schachtelhalmen durchzogen. Eine Landschaft, die zugleich ästhetisch, funktional und lehrreich ist.
Forschung auf fremdem Boden
Marscape ist nicht nur ein ästhetischer Ort, sondern auch ein hochspezialisiertes Trainingsfeld. Hier testet der Mars-Rover der FHNW seine Fähigkeiten, entwickelt von einem interdisziplinären Team aus Maschinenbau-, Elektro- und Informatikstudierenden. 2024 hatte das Team mit seinem Rover «Hufi» die renommierte European Rover Challenge gewonnen. Marscape richtet sich aber nicht nur an Maschinen. Die Anlage ist bewusst offen gestaltet – mit Wildblumen, Bäumen, Tischen und einem Grillplatz. Sie lädt zur Begegnung ein, zum Austausch, zur Erholung. Ein Ort für Studierende und Forschende ebenso wie für die Bevölkerung von Windisch. «Inspiriert vom Mars und gebaut auf der Erde ist hier ein Ort entstanden, der Forschung, Natur und Austausch verbindet», sagte Initiatorin Martina Hänggi von der Fachhochschule Nordwestschweiz bei der Eröffnung. Und Gemeindepräsidentin Heidi Ammon ergänzte augenzwinkernd: «Wer ausser Windisch kann schon sagen, dass er ein Stück Mars in der Gemeinde hat?»
Lehre, die Wirklichkeit wird
Für Christian Kaindl, Studiengangsleiter an der OST, ist Marscape mehr als ein gelungener Entwurf: «Entwerfen wird zur Realität, wenn ein Entwurf tatsächlich gebaut wird. Genau das erleben wir hier – direkt neben dem Hallergebäude, einem der architektonischen Highlights in Windisch.» Die Studierenden haben nicht nur Gestaltung gelernt, sondern erlebt, wie aus Konzepten gebaute Wirklichkeit wird – im Zusammenspiel mit Ingenieur:innen, Gärtner:innen, Lehrenden und der Öffentlichkeit. Und das Lernen geht weiter: Im laufenden Semester wird bereits an der Westseite des Hallergebäudes gearbeitet – erneut im Rahmen eines Entwurf-Moduls, erneut im echten Raum, erneut mit dem Ziel, Wissenschaft und Gestaltung im Alltag sichtbar zu machen.
Zukunft auf der Erde gebaut
Marscape steht sinnbildlich für eine Lehre, die über Disziplingrenzen hinausdenkt und in Hochschulkooperation wirkt. Für ein Bildungsideal, das Zusammenarbeit und Praxis nicht als Kür, sondern als Kern versteht. Für einen Campus, der Forschung und Begegnung nicht trennt, sondern vereint. Mars ist nicht fern. In Windisch liegt er nur einen Schritt entfernt – rot, staubig, inspirierend. Und von der OST in die Welt gebracht.




